Ein halbes Jahr durch Afrika- diesen Traum haben sich Werner Focke und seine
Familie erfüllt. Der Haselünner unterrichtete fünf Jahre an einer deutschen Privatschule in Windhoek/Namibia.
Die Rückreise traten die Fockes nicht mit dem Jet, sondern mit einem Unimog an. 5 Monate durch 19 Länder
und legten dabei 23000 km zurück. Das Ehepaar und seine drei Kinder im Alter von zwei, sechs und sieben Jahren
nahmen unvergessliche Erlebnisse mit. Hier einige Eindrücke:
Wo ein Willi ist, da ist auch ein Weg und dass dieser Weg durch Afrika nicht nur aus Schlammlöchern,
Wüstensand und Buckelpiste besteht, sondern auch mit bürokratischen Hindernissen gespickt ist, wird uns schon
in der Vorbereitungsphase klar.In Südafrika herrscht Apartheid und das missfällt einem Großteil der gerade
aus der Kolonialherrschaft entlassenen Afrikastaaten. Reisende, die verdächtigt werden aus Südafrika zu
kommen, erhalten keine Durchreiseerlaubnis. Darauf mussten wir uns einstellen. Als wir nach 6-monatiger Vorbereitung
aufbrechen, deutet nichts darauf hin, dass wir im von Südafrika kontrolliertem Deutsch-Süwestafrika gelebt haben. Unser
Fahrzeug, ein Unimog, hat ein botswanisches Kennzeichen. Lebenmittel sind für
6 Monate dabei, Konserven, Medizin, Ersatzteile. Aufdrucke, wie "Made in South Africa"
entferten wir von jedem einzelnen Artikel, vom Nudelpaket bis
zur Nähgarnrolle. Unser erstes Etappenziel sind die Okavangosümpfe, eine beeindruckende Landschaft. Anders als
andere Flüsse es zu tun pflegen, mündet dieser drittgrößte Fluss im südlichen Afrika, der im Hochland von
Angola entspringt,nicht im Meer sondern versickert auf einer Fläche von der Größe Nordwestdeutschlands im Sande.
Nachts kommen, laut trompetend und Staub aufwirbelnd, Elefantenherden zum Fluss, an dem wir die Nacht verbringen.
Antilopen grasen in der Nähe. Paviane tollen um unser Camp. Lautlos gleiten die Mokoros über das Wasser.
Frauen fischen zwischen den Papyrusstauden. Flusspferde liegen faul im Schlamm.
Die Victoriafälle zählen zu den schönsten der Welt. Die Wassermassen des Sambesis stürzen hier auf einer Breite
von 1km in eine 100 m tiefe Schlucht, donnernd und aufschäumend. Als sehr angenehm empfinden wir,
dass dieses gewaltige Naturschauspiel kaum Spuren der Kommerzialisierung aufweist. Es gibt weder
Kioske noch Andenkenläden in der Nähe und keine Ümzäunung.
In Malawi wird auf korrekte Kleidung großen Wert gelegt.
Das Trägen von Röcken für Frauen ist Pflicht, ebenso wie der Kurzhaarschnitt für Männer.
Das gilt auch für Touristen. Ein Grüner,
der aus der Bundesrepublik mit einem langen Zopf einreisen will, muß seine Throphäe an der Grenze zurücklassen.
Sie wird ihm kurzerhand abgeschnitten. Auf dem Lande, in malerischen Dörfern, wo die Frauen noch
wie in alten Zeiten Hirse stampfen, sieht man nicht selten, dass der Herr der Hütte in Jackett und Krawatte
ercheint.
Scharfe Kontrolle
Die Kontrolle bei der Einreise nach Tansania ist äußerst gründlich. Einige jugendliche
Globetrotter müssen sich bis auf die Unterhose ausziehen. Man findet bei dem einen nicht
deklarierte Dollarnoten in Socken. Bei dem zweiten stammt die Zahnpastatube aus Südafrika.
Tansania ade.
Wie stolz und kriegerisch die in der Massaisteppe lebenden Menschen auch heute noch sind, erleben wir , als
wir Frauen und Männer in ihren traditionellen Gewändern vom Fahrzeug aus fotografieren. Zwei gereizte junge Männer
treiben uns mit erhobenen Lanzen in die Flucht. Ein Speer streift den Kotflügel, ohne Schaden anzurichten.
Der Ngorongorokrater und der sich anschließende Serengetipark sind schon allein eine Reise wert.
Am Horizont taucht der höchste Berg Afrikas auf. Nur selten ist der 5000m hohe schneebedeckte Gipfel
zu sehen. Wer möchte, kann ihn in drei Tagesetappen besteigen. Es soll sehr lohnend sein aber unseren Kindern wollen wir
diese Strapazen nicht zumuten.
Wenn die offizielle Kursrelation absurd erscheint und man sich ausgenommen fühlt, packt einen die Wut und man
begibt sich auf
den Schwarzmarkt. In Nairobi treffen wir einen freundlichen jungen Mann, der es geschickt anstellt,
unser Vertrauen zu gewinnen. Mit der für ihn gewaltigen Summe von 600 Dollar, erkennt er das Geschäft
seines Lebens, nutzt blitzschnell eine kleine Unaufmerksamkeit unsererseits aus und spurtet mit olympiaverdächtiger
Geschwindigkeit davon.
Uganda galt bis Anfang der 70iger Jahre als die "Perle Afrikas". Dann kam General Idi Amin an die Macht,
errichtete ein blutiges Terrorregime und fügte dem Land schweren wirtschaftlichen Schaden zu. Da Uganda in den
letzten Jahren ein wenig zur Ruhe gekommen ist, können wir es wagen, den Weg durch dieses interessante
Land zu wählen.
Kurz vor er Hauptstadt Kampala droht mit einem Male das Ende unserer Afrikadurchquerung. Die Bremsen versagen
und wir landen in einem tiefen Graben. Ein Bergungsfahrzeug der ugandischen Armee schafft es
in der Abenddämmerung unseren Unimog aus dem Sumpf zu ziehen.
Überall stoßen wir auf Zeugen des Bürgerkrieges. Kaum ein Haus in der Hauptstadt Kampala, das nicht Einschüsse
von Kugeln aufweist, eingeschlagene Fenster, zerstörte Stromleitungen, ja, sogar Teile von Schädeln und
Knochenteilen findet man noch. Ruanda, unser nächstes Ziel, ist ein kleines, hochgelegenes Land - die Schweiz Afrikas-
Bis Ende des 1. Weltkrieges war Ruanda deutsches Protektorat. Hier liegt der Kivusee, der uns wohl
das uns für immer in Erinnerung bleiben wird. Gerade wollen wir in einer kleinen Bucht zum steil aufragenden Ufer auf
der anderen Seite schwimmen, da rennen Einheimische herbei und raten uns dringend davon ab. "An den Felsen",
so berichten sie, "steigen geheimnisvolle Gase empor, die beim Einatmen zum Tode führen können." Später
erfahren wir, dass es sich um die gleichen Gase handelt, die zwei Jahre vorher in Kamerun einem Dorf
zum Verhängnis wurden. 2000 Menschen starben.
In Goma (Zaire) müssen wir auf dem Schwarzmarkt Diesel besorgen. Um unser Fahrzeug hat sich eine
große Zahl von Händler versammelt. Eifrig sind wir bemüht, den Dieselpreis auf ein erträgliches
Maß zu drücken, da nutzt einer der Umstehenden die Gelegenheit, sich mit ein paar Kinderschuhen davon zu machen.
Ich renne hinter den Dieb her. Eine Verfolgungsjagd über viele Hunderte von Metern beginnt.
Es geht über Zäune, vorbei am Gemüsemarkt, quer durch Kräle und Hütten. Mit Unterstützung der Bewohner
gibt der Verfolgte schließlich entnervt auf.
Berggorillas leben auf der Erde nur noch in den
Bergketten im Länderdreieck Uganda/Ruanda/Zaire.
Der Anblick eines ausgewachsaenen Berggorillas lässt unseren
Atem stocken. Mit Leichtigkeit bricht dieses
200kg schwere Ungetüm einen armdicken Bambus durch, so als wolle es uns seine Stärke demonstrieren.
Dabei haben Berggorillas noch nie einen Menschen angegriffen-
im Gegensatz zu ihrem Ruf
wild und gefährlich zu sein. Stark beeindruckt kehren wir zu unserem Fahrzeug zurück. Es war das schönste
Tiererlebnis auf unserer Reise.
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Die schwierigste Teilstrecke durch den tropischen Regenwald beginnt. Die 1000km weite Urwaldpiste
ist stellenweise nur 2 m breit, sodass wir gerade noch ohne Busch- und Baumberührung durchkommen.
Auf beiden Seiten ragt wie eine Mauer undurchdringlicher Dschungel empor, manchmal so dicht,
dass wir den Himmel nicht sehen können. In diesem Pflanzentunnel herrscht schweißtreibende Schwüle.
Die Piste verwandelt sich in eine mit Schmierseife eingeriebene Achterbahn und der Regen kommt
in weiten Teilen
Afrikas zu bestimmten Jahreszeiten täglich und reichlich wie aus einer Gießkanne. Dann wird es chaotisch.
Deutsche Behörden würde manche Wege schlicht für unpassierbar erklären. Doch wir müssen hindurch, auch wenn
fast meterhohe Schlammlöcher zu überwinden sind. Vergammelte Holzbrücken erwecken den Eindruck, dass sie schon beim
Anblick einstürzen. Zumeist sind es kleinere, die nur aus Baumstämmen bestehen. Nach einem schweren
Unwetter trauen wir unseren Augen nicht. Mehrere große Urwaldbäume liegen quer auf der Piste.
Es dauert einen ganzen Nachmittag,
bis wir alle Hindernisse beiseite geräumt haben.
Nachts ausgeraubt
Als wir am Mbomu,
dem Grenzfluss zwischen Zaire und der Zentralafrikanischen Republik
stehen, haben wir den schwierigsten Streckenabschnitt geschafft.
Eine Fähre soll uns über den breiten Fluss bringen.
Das Fährschiff besitzt aber weder eine Startbatterie noch Diesel und auch kein Werkzeug, um eine defekte Leitung
zu reparieren. Wir müssen unsere Autobatterie ausbauen und mit etwas Diesel und einer passenden Zange gelingt es,
die Fähre zu starten.
Man hat uns immer wieder vor Bangui, der Zentralafrikanischen Hauptstadt, wo sich einst Bokassa zum Kaiser
krönen ließ, gewarnt. Überfälle und Diebstähle sind hier fast so zahlreich wie Moskitostiche in der Abenddämmerung.
Trotz erhöhter Vorsicht werden wir nachts, umgeben von 2m hohen Mauern, ausgeraubt.
In den nächsten Tagen fahren wir 2000km durch die Savannen Kameruns und Nigeria. Der letzte Regen
ist in diesen Gebieten vor sechs Monaten gefallen. Hier und da beleben schirmartige Akazienbäume oder auch
riesige Affenbrotbäume die Graslandschaft. Es ist Gras, dass wie Heu aussieht. Urplötzlich sehen wir uns einem
Buschbrand gegenüber. Mit rasender Geschwindigkeit dehnt er sich aus. Wo wir auch hinschauen, überall brennt es.
Gott sei Dank befahren wir gerade eine gut befahrbare Teerstraße, so dass wir diesem Flammeniferno entfliehen
können. Weiter nördlich im Niger befinden wir uns bereits in der Sahelzonen, wo Mensch und Tier tagtäglich
ums Überleben kämpfen. Bis auf die Knochen abgemagerte Rinder fressen die letzten Grasbüschel, die noch zwischen
einzelnen Buschgruppen stehen. Wir sehen Menschen in einem ausgetrocknetem Flussbett tiefe Löcher
graben, um an Wasser heranzukommen.
Die Ausmaße der Sahara sind gewaltig. Die Bundesrepublik würde leicht dreißigmal hineinpassen.
Ein Vorurteil müssen wir bald revidieren, jenes, dass es in der Sahara nichts anderes zu sehen gibt
als Sand und nochmals Sand. Die Sahara hat viele Gesichter. Gebirge, massive Hochflächen, Geröll- Stein - und
Kieselebenen, großartige Felsformationen. Zwar sehen wir tagelang kaum einen Busch, Pflanzen oder gar Tiere
und trotzdem ist die Wüste ein einzigartiges Naturerlebnis von unbeschreiblicher Schönheit.
Die unendliche Weite der Landschaft, die Stille, nachts der Sternenhimmeil vermitteln uns ein intensives,
in dieser Art bisher nur in Deutsch-Südafrika erlebtes Gefühl von Freiheit.
Ein Höhepunkt einer Afrikadurchquerung ist der Besuch einer Oase.
Die letzten Kilometer zum Dorf müssen wir wegen allzu großer Weichsandstellen zu Fuß
zurücklegen. Dann werden wir durch eine Bilderbuchoase entschädigt. Üppige, grüne Palnmenhaine,fruchtbare
Gärten und reichlich Wasser aus Schwengbrunnen. Das ausgeklügelte Bewässerungssystem ist eine Wissenschaft
für sich.
Fünf Monate nach Abfahrt aus Südwestafrika stehen wir am Mittelmeer. Mit einem Fährschiff setzen
wir nach Malaga über.
Die Afrikadurchquerung ist geschafft. Wir ziehen Bilanz: Durch 19 Länder legten wir 23000km zurück, davon 10000km Piste.
Wir durchstanden Reisestrapazen, extreme Temperaturen, Schlamm, Staub, Moskitenstiche, Unfall, Diebstahl, Krankheiten
und waren an den Grenzen Willkürhandlungen ausgesetzt, erledigten kleine Reparaturen selbst, nahmen auch
einige Kilogramm ab, hatten andererseits unzählige fremdartige Erlebnisse, genossen landschaftliche Schönheiten,
Palmenstrände, Urwald und Wüste, fuhren Tausende km ohne Ampeln, Verkehrsschilder und Verkehrsstau,
bewunderten die einzigartige Pflanzen- und Tierwelt, übernachteten in freier Natur und möchten spätesten, als wir
die europäischen Autobahnen via Emsland befahren und im Regen in den Pariser Feierabenverkehr
geraten, am liebsten gleich
umkehren...
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